Training allein zu zweit, Teil 3.
»Frau Dua, hatten Sie viel Stress in der letzten
Zeit?«
»Na ja, ich werde gerade erwachsen, bin dabei eine Familie zu gründen, ziehe demnächst in mein erstes ganz eigenes Eigenheim, passe
nicht mehr in meine Lieblingshosen und kann nur unter großer Anstrengung Schuhe
binden. Was genau meinen Sie?«
»Gut. Ab sofort keinen Sport mehr. Nichts Schweres
mehr tragen. Sie sollen sich ausruhen! Wir sehen uns in zehn Tagen und gucken,
ob dann wieder alles in Ordnung ist.«
Training allein zu zweit. Das ist übrigens
gelogen. Zumindest, was die zehn Tage angeht (inzwischen ist das zwei Wochen
her …). Wobei – reine Auslegungssache. Die Füße still zu halten und
nichts zu tun, auch das kann Training sein. Ein schwierigeres als ich zugeben
will. Fieser als Burpees, Liegestütz und Intervalle zusammen. Ein Trainerkollege erzählte mir mal, dass manche asiatische Kampfsportler bewusst eine zweimonatige Trainingspause einlegen, um dann gestärkt und mit neuem Schwung wieder in eine erfolgreichere Wettkampfphase zu starten. Ich versuche das zu beherzigen. Und doch …
Mit hängendem Kopf verlasse ich die Praxis. Ich nehme die Treppen. Langsam, vielleicht ist das sonst zu anstrengend. Ein bisschen hat’s mir den Boden unter den Füßen weggezogen, denn kein Sport heißt, nicht nur nicht laufen, es heißt halt leider auch, nicht so richtig arbeiten und irgendwie ausgeschlossen zu sein aus meiner Fitnesswelt. Zehn Tage! Ich drehe durch. Alles ist durcheinander, mein Tagesablauf, meine Gedanken.
Beim Einkaufen lege ich frisches Obst in den Wagen:
Orangen, Grapefruit, Ananas, Äpfel und Milch, Joghurt, Quark. Verdammt, ich bin
zu Fuß. Ist das nun zu schwer? Ich lasse Milch und Joghurt zurück, nehme
stattdessen noch ein paar Tafeln Schokolade.
Die ersten drei Tage sind die Hölle. Die Sonne scheint, perfektes Laufwetter.
»Lass uns im Park spazieren gehen!«, schlägt eine
Freundin vor. Spazieren? Auf gar keinen Fall. Ich will unter keinen Umständen
einem Läufer begegnen! Ich lese. Unter anderem dieses Buch, was ich geschenkt bekam und sportlichen,
werdenden Müttern empfehlen kann.* Ich löse Kreuzworträtsel, um mich abzulenken
(was ich sonst nie mache), esse tonnenweise Schokolade und suhle mich in meiner traurigen Bewegungslosigkeit. Ich mag nicht reden, Freunde müssen mich entweder hassen oder für
wahnsinnig halten. Mag sein, vielleicht bin ich’s. Am vierten Tag beginne ich,
mich selbst zu nerven, nehme eine Essenseinladung an und bekomme prompt bessere
Laune.
Dann endlich Tag 10!
Dann endlich Tag 10!
Wenn nichts mehr hilft, dann das. |
»Wie geht’s Ihnen Frau Dua?», will der Arzt wissen.
»Mittel.«, sag ich, mir fehlt Bewegung. Der Arzt lacht, was ich nicht verstehen
kann und sagt, dass der Zuckerbelastungstest ganz ausgezeichnet war. Ist mir
aber egal. Und dann sagt er: »Sehr gut. Sehen Sie, was ein bisschen Ruhe
ausmacht? Alles okay.« Ich freu mich, als hätt ich Geburtstag. »Ich darf also auch
wieder Sport machen?« – »Ja, ja. VORSICHTIG!«
Sofort wäre mein altes, unvorsichtiges Ich nach
Hause gestürmt, hätte sich die Laufklamotten angezogen und wäre losgerannt.
Mein neues, vorsichtiges, Erwachsenen-Mutter-Ich packt die Sporttasche und
fährt ins Studio, belegt für zwanzig Minuten das Spinning-Bike und radelt ganz moderat, versucht sich an ein paar unverfänglichen Bodyweight-Übungen. Es fühlt sich großartig an, so nach zehn Tagen.
Inzwischen glaube ich, es war ein taktischer
Schachzug des Arztes, mein Level runterzufahren. Er hat es geschafft. Erst nach
drei Tagen schnüre ich meine Laufschuhe für eine kurze Strecke, die – wie
ich mir eingestehe – absolut angemessen ist. Danach lege ich mich aufs Sofa, mache Kreuzworträtsel – und spüre fidele Tritte und beherzte Boxmoves im Bauch … Hab verstanden.
Ein recht ungewohntes Geständnis. Von mir. |
Wenn Euch das Thema interessiert, die Vorgängergeschichten findet Ihr hier: »Training allein zu zweit, Teil 1« und »Training allein zu zweit, Teil 2«
*Offensichtlich gibt es eine Menge Ratgeber zum
Thema Sport & Schwangerschaft. Aber kein Buch ist dabei, dass sich an
WIRKLICH ambitionierte Freizeitsportler richtet, von denen es heutzutage ja
immer mehr gibt. Dieses hier erscheint mir noch am hilfreichsten von allen.
Falls jemand noch andere Tipps hat, gerne her damit!
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