Quantify yourself, aber zack, zack!
Los, mach was ich sage! |
Ich habe nichts gegen diesen Quantified-Self-Trend.
Ehrlich nicht, schließlich bin ich selbst einigen Gadgets verfallen (wie Ihr hier lesen könnt). Ich finde es äußerst praktisch, Zeit, Geschwindigkeit, Herzfrequenz
und all das zu messen. Apps, Tabellen, Sensoren – diese Dinge haben
viele Leute dazu gebracht, endlich wieder regelmäßig und motiviert Sport zu
treiben – vor allem auch: dran zu bleiben. Forbes zufolge sind das die digitalen Trends 2014.
Aber dennoch (oder gerade deswegen) fürchte ich mich irgendwie vor dem
Tag, an dem ich …
… durch das sanfte Vibrieren meines geschmackvollen
Schlaf-Outfits geweckt werde. Es weckt mich natürlich nicht nur, es misst über
Nacht meine Temperatur, meine Herzschläge, die REM-Phasen und überprüft Atmung
sowie meine Bewegungen. Ich setze mich auf und rücke mein Kopfkissen zurecht.
364 zeigt es an. So oft habe ich mich im Schlaf also umgedreht. Mein Blick
fällt auf das Armband um mein Handgelenk: Phänomenal! Ich habe im Liegen satte 384
Kalorien verbraucht! Motiviert springe ich auf, schließlich darf ich das
Verbrauchte jetzt ohne schlechtes Gewissen gleich wieder in mich reinschaufeln.
Die Anzeige am Kühlschrank erinnert mich daran: heute ist zuckerfrei angesagt (Fruktose
darf ich aber) – eine Empfehlung meines Magen-Darm-Trackers »EColi«, den ich
lässig um die Hüften trage. Okay, was haben wir denn da … Papaya, Capuli,
Gojibeeren, Guave, Pitahaya, Tamarillo, Erdbeere – Erdbeere? Voll old school,
aber gut. Ich bereite mir ein herrliches Müsli mit den Früchten, Quinoa,
Amaranth und Hirseflocken und diversem anderen zu. Mandelmilch kommt obendrauf. Ich trinke einen Tee
dazu, lese die Zeitung und erschrecke, weil mir mein Armband rät, jetzt langsam
Schluss zu machen mit dem Essen, sonst wird das wieder nix mit der negativen
Kalorienbilanz am Ende des Tages (die Trainingseinheit, die ich am frühen Abend
absolvieren werden, ist schon mitberücksichtigt).
Als ich vor die Tür trete,
zeigen meine Kontaktlinsen die Wetterprognose – angeblich bin ich zu luftig
gekleidet (was nicht sein kann, aber ich zieh mich schnell noch mal um). Ich
eile so durch den Tag und freue mich, weil der Schrittzähler im Schuh schon
über 6.000 Schritte anzeigt. Ich hab mir einen kleinen Pokal verdient! Super,
mir werden 100 Punkte auf meinem Konto gutgeschrieben. Oh, aber mir fehlt
Vitamin D, signalisiert das Armband. Ein Ei wär jetzt toll, schlägt es vor.
Blöd, denn ich sitze noch eine Stunde im Meeting und mir ist warm. Anschließend
wird mir doch tatsächlich noch ein leichtes Magnesiumdefizit diagnostiziert.
Kurz vorm Wadenkrampf (so mein Fußkettchen) schaffe ich es gerade noch
rechtzeitig, mir ein Vollkornbrot mit Ei einzuverleiben. Und dann, endlich am
frühen Abend: Sport. Ich laufe behände meine Parkrunde, der Sport-BH misst die
Herzfrequenz, der neue Laufschuh zeichnet meine Schrittlänge und die
Geschwindigkeit auf, alle Daten werden mir über mein Smartphone zwischen meiner
Laufmusik mitgeteilt. Läuft prima heute. Nur am Ende, da will mir mein Sport-BH
weismachen, er müsse langsam ersetzt werden, gegen eine Nummer größer. Wie kann
das sein? Hab ich etwa zugenommen? Ein Gedanke, der mich beschäftigt. Zu Hause
suche ich nach dem Fehler im System. Nur: In welchem verdammt noch mal? »In
deinem eigenen, Du Arsch!« – lese ich auf meiner Pulsuhr, die auch irgendwie
mit dem Sport-BH verbunden ist …
Doch, das Thema IST spannend. |
Und wisst Ihr was? Ich freu mich sehr auf diesen Vortrag in zwei Wochen im Rahmen der Social Media Week Hamburg. Zum Abschluss: hier ein kleiner Ausblick auf unsere weitere Zukunft …
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